Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) in Hannover berichtet, dass nach einer von ihr in Auftrag gegebenen repräsentativen Befragung 25% der Raucher in letzter Zeit mehr Zigaretten geraucht haben. Sind es die aktuellen Sorgen im Zusammenhang mit Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg oder andere Motive? Laut einer forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse haben sich die vergangenen Monate zunehmend negativ auf das Rauchverhalten der Deutschen ausgewirkt.
Inhaltsübersicht
Zahlen und Fakten zum Konsum
Die vergangenen 12 Monate wirkten sich demnach negativ auf das Rauchverhalten der Menschen in Deutschland aus. Jeder vierte Raucher rauchte demnach häufiger oder hatte erst kürzlich mit dem Tabakkonsum angefangen – nur jeder zehnte rauchte weniger oder hatte ganz aufgehört. Für die repräsentative Studie wurden im Juli 2020 und Juli 2022 jeweils rund 1000 Menschen im Alter von 16 bis 69 Jahren online befragt. Die KKH ist mit rund 1,6 Millionen Versicherten eine der größten bundesweiten gesetzlichen Krankenkassen.
Im Sommer 2020 waren die Ergebnisse noch nicht ganz so dramatisch. Damals gaben 17 Prozent der befragten Raucher an, seit Beginn der Corona-Krise mehr geraucht zu haben als vorher – also nur etwa jeder Sechste. Jeder Siebte (14 Prozent) sagte, er rauche seither weniger als üblich. Es kann sich somit, wie bei Verhaltensveränderungen im Zusammenhang mit Krisen und Stress durchaus üblich, um einen zeitlich verzögerten Zusammenhang („delay-effect“) zwischen Auslöser und Konsequenzen handeln.
Stressabbau, Langeweile und verfestigte Gewohnheit im Hintergrund
Der aktuellen Umfrage vom Juli 2022 zufolge raucht derzeit knapp ein Viertel der Deutschen, 18 Prozent regelmäßig. Damit dürften mindestens 10 bis 15 Prozent nikotinabhängig sein. Gründe sind vor allem Stressabbau (32 Prozent) und Reduktion von Langeweile (18 Prozent). Jeder Siebte meint, durch das Rauchen besser vom Alltag abschalten zu können, jeder Neunte kann dadurch seine Probleme und Sorgen vergessen. Am schwierigsten ist jedoch die Veränderung der Gewohnheit. 58 Prozent der befragten Raucher geben an, nicht auf ihren Glimmstängel verzichten zu wollen oder zu können. Dies ist meist ein Zeichen für psychische oder gar physische Abhängigkeit.
Besonders die älteren Raucher legen im Konsum zu
Laut KKH-Versichertendaten stieg die Zahl der Menschen, die wegen Abhängigkeit, Entzugserscheinungen oder psychischer Probleme infolge des Rauchens behandelt wurden, zwischen 2011 und 2021 um rund 73 Prozent. Auffallend dabei war, das den Jüngsten (16 bis 19 Jahre) der exzessive Tabakkonsum in den zehn Jahren um 7,3 Prozent sank. Dies kann mit der Erhöhung des legalen Alters zum Kauf von Tabakprodukten auf 18 Jahren zusammenhängen. In der Gruppe der 70- bis 74-Jährigen stieg die Quote um 170,9 Prozent. Allein zwischen 2019, also kurz vor der Pandemie, und 2021 lag der Anstieg bei allen Altersgruppen gemittelt bei etwa 7 Prozent.
Vielfältige Krankheitsfolgen
Die Probleme dauerhaften Nikotinkonsums vor allem regelmäßigen, abhängigen Konsums von Tabak sind vielfältig, vor allem in den Bereichen Atemwegs- und Gefäßerkrankungen (Bronchitis, Asthma, COPD, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt) und Krebserkrankungen: Demnach ist die Zahl der KKH-Versicherten, die wegen einer Abhängigkeit, Entzugserscheinungen, eines akuten Rausches oder psychischer Probleme aufgrund von Tabak ärztlich behandelt wurden, innerhalb des vergangenen Jahrzehnts um rund 73 Prozent gestiegen. Von 2019 – also direkt vor der Pandemie – bis 2021 verzeichnet die KKH allein ein Plus von 7 Prozent der notwendigen Behandlungen. Der kausale Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist nicht nachweisbar, aber die auffälligen Steigerungsraten geben auf jeden Fall Anlass zum kritischen Hinterfragen des eigenen Verhaltens.
Therapie der Tabakabhängigkeit ist Mittel der Wahl
Andere Methoden der Stressreduktion, des Umgangs mit Langeweile und der Veränderung negativer Gewohnheiten sind dringend gefragt. Solche Wege können mit Beratung oder Psychotherapie -auch im Online-Format – erfolgreich beschritten werden. Um den Menschen mit Problemen beim Rauchen – sei es Alltagsgewohnheit zur Stressreduktion oder Umgang mit Langeweile – und vor allem den Abhängigen unter ihnen gezielt zu helfen, müssten die Krankenkassen ihre Anstrengungen in den Bereichen Prävention und Therapie deutlich verstärken. Noch immer ist es für einen abhängigen Raucher nahezu unmöglich eine psychotherapeutische Einzelbehandlung zur Therapie der Nikotinabhängigkeit auf Krankenkassenkosten zu bekommen. Dabei ist gerade bei einer Tabakabhängigkeit eine Verhaltenstherapie – ggf. mit Unterstützung durch medikamentöse Entwöhnungshilfen – der Weg der Wahl zur Erreichung des bestmöglichen Erfolgs, wie verschiedene Evidenzstudien zeigen.