Es wird immer deutlicher, dass die Corona-Pandemie langfristige Spuren im Leben von Menschen hinterlassen wird. Veränderungen im Alltag, im Zusammenleben und in den Routinen des Lebens sind seit drei Monaten real und es spürt oft schon so an, als sei es die „neue Normalität“ und das alte Leben sei weit entfernt. Dies zeigt die ausgeprägte Habituationsfähigkeit von Menschen an veränderte Bedingungen. Der schnelle Wandel birgt aber auch viele Risiken. Die Corona-Krise wirkt sich besonders auf die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen aus, obwohl diese seltener von schweren Krankheitsverläufen betroffen sind. Vielmehr sind es die mentalen, emotionalen und insgesamt psychologischen Auswirkungen, die hier besonders relevant sein werden. Es wird die Generation „Corona“ sein, die aus dieser Krise hervorgeht. Schon jetzt sind Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen in den Bereichen übermäßiger Ängste und Zwänge zu beobachten. Langfristig drohen auch verstärkte Depressionen und Suchtprobleme für besonders vulnerable Personen.
Publikation: Ein entwicklungspsychiatrischer Blick auf die Folgen der Corona-Pandemie
22 Expertinnen und Experten aus vier Ländern, z.B. von den Universitäten Basel, Bozen, Halle, Luzern, Mainz und der KatHO NRW (Köln), beleuchten die Risiken und Chancen der gegenwärtigen Krise für Kinder und Jugendliche in einer Publikation der schweizerischen Universitätsmedizin. Ich war als Vertreter der KatHO und Experte für Klinische Familienpsychologie an dem Papier beteiligt. Dabei war es mir wichtig, die besonderen Risiken für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Kontext belasteter Familien im Rahmen der Corona-Krise deutlich zu machen.
Aus meiner Erfahrung in Forschung und Praxis schlussfolgere ich, dass schnell und frühzeitig die Förderung der Resilienzen und Kompetenzen aller und der besonders vulnerablen Kinder und Jugendlichen ausgebaut werden muss, um Langzeitschäden zu verhindern. Dies sind ganz besonders Kinder suchtkranker und schwer psychisch kranker Eltern, die in den letzten Monaten durch den gesellschaften Shut-Down eine viel stärkere Exposition gegenüber ihren suchtkranken Eltern erlebt haben. Natürlich hat der entwicklungspsychiatrische Blick auf die Corona-Krise vielerlei weitergehende Implikationen für die Bereiche Kindheitspädagogik, Soziale Arbeit, selektive Prävention und Jugendhilfe. Es ist wichtig, diese Betrachtung jetzt schon anzustellen, damit es nicht zu langfristigen schweren Schädigungen kommt.
Den gesamten Beitrag der internationalen Arbeitsgruppe aus Schweiz, Italien, Österreich und Deutschland finden Sie hier in zwei Teilen:
Studie Teil 1: Gibt es ein klinisches “Post-Corona-Adaptions-Syndrom”?
Studie Teil 2: Sollte es individuelle “Post-Corona-Interventionen” geben?